Neubau von Instrumenten

Gedanken zur Arbeitsweise

Eine neue Bratsche entsteht Der Geigenbau ist wie kaum ein anderes Handwerk mit Mythen und Dogmen beladen. In vielen Fragen entspinnen sich wahre Glaubenskriege und bei so vielen immer wieder gelüfteten Geheimnissen dürfte es eigentlich kaum noch stickige Werkstatträume geben. Das „Geheimnis des italienischen Klangs“ oder „Warum neue Geigen nicht klingen“ und – natürlich – Stradivaris Lackrezept sind Gegenstände zahlreicher Auseinandersetzungen.

Was bedeuten diese über Jahrhunderte gewachsenen Ansichten und Haltungen, die zwischen reiner Esoterik und absoluter Wissenschaftsgläubigkeit oszillieren, für einen zeitgenössischen Geigenbauer? In erster Linie gibt es viel zu lernen und zu betrachten, um seinen eigenen authentischen Standpunkt zu finden. Ich glaube, es gibt mehrere Ansätze, gute Instrumente zu bauen, wie auch in der Musik einige sehr schlüssige Interpretationen desselben Stücks nebeneinander bestehen können.

Für mich ist es wichtig zu formulieren, was ich von einem neuen Instrument akustisch und optisch erwarte, was mich im Idealfall glücklich machen würde.

Priorität hat bei meiner Arbeit das Erspüren und Ertasten, oder anders formuliert, mein „Ohr- und Bauchgefühl“. Wenn es mir gelingt, darauf zu achten, leitet es mich sehr gut.

Physikalisch ist die Geige ein so komplexes System, dass Empirie für mich als Handwerker viel bedeutender bleibt als irgendwelche durch Messungen erzielte Aussagen. Diese können zwar interessant sein, mich überzeugt am Ende aber nur, was ich höre – oder nicht höre.

Der Begriff der Perfektion ist im Geigenbau stark strapaziert und führt ähnlich wie reine Virtuosität in der Musik zu keinem sinngebenden Resultat. Perfektion sollte höchstens ein Mittel sein, um etwas zu erreichen, und bleibt stets ein subjektiver Begriff. Ich versuche, in allen Details meiner Arbeit sehr genau zu arbeiten, bemühe mich aber, durch bewusste Asymmetrie dem Klang und der äußeren Erscheinung Schwung und Lebendigkeit zu geben. Wie langweilig wäre es denn, wenn ein Maler nur perfekt gespiegelte menschliche Gesichter porträtieren würde?